FBK-Dokumentation Nr. 4

Botschaft des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Präsident der Republik Kuba, an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, George W. Bush, vom 21. Juni 2004

Liebe Mitbürger! Zwei erneute Niederträchtigkeiten der Regierung der Vereinigten Staaten — die Einbeziehung Kubas in eine ihrer Listen, die sie sich als Herren der Welt aufspielen, eingefügt in einen am 14. Juni veröffentlichten Bericht des State Department, wo unser Land der Beteiligung am Menschenhandel angeklagt und die schändliche Verleumdung hinzugefügt wird, wir förderten der sexuelle Tourismus sowie die am 16. Juni erfolgte Bekanntgabe grausamer zusätzlicher Blockademaßnahmen zum Abwürgen der Wirtschaft, die der Lebensunterhalt unseres Volkes ist — zwingen mich zu einer zweiten Botschaft an den Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Herr Bush,
Ich will gelassen, doch auch sehr offen sein, wenngleich ohne jegliche Absicht, Beschimp-fungen oder persönliche Beleidigungen vorzubringen. Kuba in einer Liste von Ländern zu nennen, die gesetzwidrigen Menschenhandel betreiben, ist ein Zynismus. Noch niederträchtiger und widerlicher in jenem präpotenten Bericht, den das State Department alljährlich abzusegnen hat, ist die Behauptung, Kuba fördere den Sextourismus, einschließlich mit Kindern.

Sie haben die Möglichkeit, sich zu informieren, dass Kuba um der Familienzusammenführung willen zwei Migrationsvereinbarungen mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet hat. Das erste im Jahr 1984, das von den US-Administrationen nicht eingehalten wurde. Zehn Jahre später werden dann anstelle der 20 000 angebotenen Visa lediglich etwa 1000 pro Jahr erteilt, also fünf Prozent. Nach der 1994 ausgelösten Migrationskrise unterzeichnete unser Land eine neue Vereinbarung mit der Regierung der Vereinigten Staaten, die im Folgejahr erweitert wurde und derzeit gültig ist. Diese wurde zwar hinsichtlich der Anzahl von Visa im wesentlichen eingehalten, doch von der Einhaltung der unausweichlichen und grundsätzlichen Pflicht, jegliche Ermutigung der illegalen Emigration zu vermeiden, kann nichts Gleiches behauptet werden.

Das mörderische Cuban Adjustment Act wurde absolut ungerechtfertigt unverändert beibe-halten; es wurden ihm sogar neue Stimuli hinzugefügt. Dieses absurde und unmoralische Gesetz hat unzählige Menschenleben gefordert, darunter das Leben vieler kubanischer Kinder. Seit dem Bestehen dieses Gesetzes setzte der verabscheuungswürdige Emigrantenschacher per Schnellbooten ein, die, aus Florida kommend, unsere Küsten allerorts anliefen. Von Kuba werden solche Taten hart bestraft, während die US-Administrationen aus zur Genüge bekannten politischen Gründen, die im Zusammenhang mit dem Staat Florida stehen, untätig zuschauen.

Kein Land der Welt hat wie Kuba seinen Kindern einen so starken körperlichen und moralischen Schutz, Gesundheit und Erziehung zuteil werden lassen. Sie sollten wissen, dass in den Vereinigten Staaten ein höherer Anteil Kinder im ersten Lebensjahr stirbt als in Kuba. Hundert Prozent der Kinder und Heranwachsenden in unserem Land, einschließlich körper- und geistesbehinderte, sind in den entsprechenden Einrichtungen eingeschult.

Wie können Sie ignorieren wollen, dass, während in den Vereinigten Staaten durchschnittlich 30 Schüler pro Lehrer im Unterrichtsraum sitzen, in Kuba diese Anzahl unter 20 liegt und die schulischen Ergebnisse bereits jene der Industrieländer übertreffen? Unsere Leistungen im Gesundheitssektor haben die Lebenserwartung eines jeden Kindes, das geboren wird, von 60 Jahren oder darunter im Jahr 1959 derzeitigen Schätzungen zufolge auf heute 76,13 Jahre erhöht. Trotz der Blockade der Vereinigten Staaten und dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers umfasste die Beschäftigungslosigkeit in Kuba nur 2,3 %, liegt also um das Mehrfache unter der Ihres Landes, dem reichsten und industrialisiertesten der Welt.

Sie müssten Schamgefühl verspüren, ein Volk wirtschaftlich abwürgen zu wollen; eine „Heldentat“, die kein Wirtschaftskrieg, bewaffnete Aggressionen und Terroristenakte zu vollbringen vermochten. In Ihrem eigenen Lande könnten Sie nichts dergleichen vorweisen.

Sie versuchen, die Wirtschaft abzuwürgen und drohen dem Land mit Krieg, das fähig gewesen ist, heute bereits eine Anzahl von 20 000 Ärzten in 64 Ländern der Dritten Welt im Einsatz zu haben. Obwohl sie über die Ressourcen der reichsten Macht der Erde verfügt, hat Ihre Regierung nicht einen einzigen Arzt in die abgelegensten Gegenden jener Länder entsandt, wie es Kuba tut.

Auf Ihrem Bewusstsein wie auch auf dem der Führer der reichsten Staaten lastet der Völ-kermord, der Tod von jährlich mehr als zehn Millionen Kindern und weiteren Dutzenden Millionen Menschen, die gerettet werden könnten; der Tod infolge der unterschiedlichsten Formen von Ausplünderung und Raub, denen die Länder der Dritten Welt durch die ungerechte und bereits unhaltbare Weltwirtschaftsordnung ausgesetzt sind, die von den reichen Ländern auf Kosten von 80 Prozent der Bewohner unseres Planeten aufgezwungen wurde.

Jemand müsste Sie über diese Probleme und diese Wahrheiten informieren anstelle die ganze Zeit über Intrigen zu schmieden und Lügen zu verbreiten.

In Bezug auf Kuba lassen Sie sich von dem fanatischen Glauben leiten, Ihre Wiederwahl im November hinge von der Unterstützung durch eine Terroristenmafia — als solche klar erkenntlich — alter Emigranten und deren Nachkommenschaft ab, von denen ein bedeutender Teil aus der Gruppe der Veruntreuer und Kriegsverbrecher unter Batista stammt, die sich mit ihrer Beute und ihren ungestraften Verbrechen in die Vereinigten Staaten in Sicherheit brachten. Andere bereicherten sich durch jahrelange Dienste bei Terroristenakten und Ag-gressionen, die unserem Volk viel Blut kosteten. Immer mehr verlieren diese Gruppen an Ansehen und Einfluss. Alle Welt erinnert sich an die Ereignisse auf Florida, wo sie vielfachen Wahlbetrug begingen, in dem sie wahre Experten sind; und Sie gingen durch nur 518 Stimmen als Sieger hervor. Ich will Sie nicht demütigen und nicht weiter in diesem schmutzigen und unangenehmen Thema bohren. Ich ziehe vor, Ihnen ganz offen zu sagen, dass die Fehler, zu denen Sie Ihre Kompromisse mit dieser Mafia führen, bei den nächsten Wahlen das Blatt entscheidend wenden können.

Das US-amerikanische Volk ist des beschämenden Einflusses bereits überdrüssig, den jene Gruppen auf die Außen- und Innenpolitik eines so bedeutenden Landes ausüben. Ihre Abhängigkeit von jenen Gruppen wird Sie am Ende viele Wählerstimmen kosten, und das nicht nur in Florida, sondern landesweit. Indem Sie den US-Amerikanern unter brutaler Androhung von Repression verbieten, nach Kuba zu reisen, verletzen Sie einen Verfassungsgrundsatz und ein Recht, worauf die Bürger Ihres Landes stets stolz gewesen sind. Es zeigt außerdem politische Angst.

Kuba hat ohne Zögern noch Befürchtung der — mit sehr wenigen Ausnahmen — breiten Masse der Emigranten für den Besuch ihres Herkunftslandes seine Türen geöffnet; kürzlich erst wurde als einzige Formalität die Einrichtung einer alle zwei Jahre zu erneuernden Erlaubnis im Reisepass gefordert, womit dann beliebig viele Besuche durchgeführt werden können; und Sie greifen zu erbarmungslosen und unmenschlichen Maßnahmen gegen die kubanischen Familien, Maßnahmen, die ihre Kultur und uralten Traditionen kränken. Den dort lebenden Kubanern, ob eingebürgert oder nicht, den Besuch ihrer nächsten Verwandten in einem nicht unter drei Jahre liegenden Zeitraum zu verbieten, auch wenn diese todkrank sind, ist eine unbeschreibliche Grausamkeit. Nicht wenige Kubaamerikaner denken bereits an ein Ahndungsvotum.

Aus puren Wahlgründen, sich über die von fast allen Mitgliedern der Vereinten Nationen bestätigten Resolutionen hinwegsetzend, haben Sie soeben neue und härtere Wirtschaftsmaßnahmen gegen das kubanische Volk getroffen, die von der Weltöffentlichkeit und selbst der großen Mehrheit der US-amerikanischen Öffentlichkeit abgelehnt werden.


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